Im Stadthaushotel leben und arbeiten behinderte Menschen nun im neunten Jahr nach dem Motto: Anders und gut. taz Hamburg Nr. 6377 vom 20.2.2001, Seite 24, 45 Zeilen. Text von Mirjam Hägele.
Presse-, Medienbericht: taz Hamburg
Die rote Markise über der Tür fällt auf. Am Empfang begrüßt Clemens Paschen die Gäste. Der junge Mann zeigt die in Pastelltönen gehaltenen Zimmer. Die Betten sind weiß bezogen, auf den Kopfkissen liegen Schokoladenherzen. Ein ganz normaes Hotel, sollte man denken. Bei genauerem Hinsehen fallen aber doch ein paar Besonderheiten ins Auge: „Anders und gut!“ ist das Motto des Stadthaushotels.
Anders, das sind die sechs geistig behinderten Mitarbeiter mit Down-Syndrom oder autistischen Behinderungen. Sie arbeiten hier und leben im Obergeschoss des Hotels in einer Wohngruppe. Clemens ist einer von ihnen. Seit das Hotel 1993 gegründet wurde, ist er dabei. gefällt ihm: „Ich arbeite gerne hier“, sagt er.
Gut, das ist der Service. Er unterscheidet sich nicht von einem „normalen“ Hotel und ist vielleicht sogar besser: Das Stadthaushotel hat in mehr als der Hälfte seiner 13 Zimmer eine behinderten-gerechte Ausstattung. 23 Betten stehen in vier Einzelzimmern, acht Doppelzimmern und einem „Familienzimmer“. Das Hotel läuft gut, die Zimmer sind oft ausgebucht. Dazu trägt auch die Stella GmbH bei, die hier regelmäßig Betten für Musicalbesucher mit Behinderungen ordert.
Damit der Hotelbetrieb läuft, ist versiertes Fachpersonal nötig: Zwei gelernte Fachkräfte packen mit an, wo es nötig ist. „Die Leitung eines solchen Hotels erfordert nicht nur fachliche Kompetenz. Genauso wichtig ist viel Geduld und Verständnis“, erklärt Axel Grassmann, Bereichsleiter des Arbeitsprojekts jugend hilft jugend Hamburg. Auch die Gäste sollten nicht zu eng sehen. Etwa neulich beim Frühstück: Claudia gefiel die Unterhaltung der Gäste auf Italienisch. Deswegen hat sie immer wieder Kaffee nachgeschenkt, um die fremde Sprache zu hören.
Das Stadthaus Hotel ist in seiner Grundidee eigentlich einfach: Anstatt Behinderte durch Förderungen zu unterhalten und abzuschieben, werden sie hier in das gesellschaftliche Leben eingebunden. „ist ein Konzept der Menschenwürde. Ein Projekt für Menschen, die sich nicht in die Erfolgswelt des freien Marktes eingliedern können“, hebt Kai Wiese hervor. Er ist Vorsitzender des Vereins jugend hilft jugend Hamburg. „Trotzdem versuchen wir wirtschaftlich zu arbeiten. Nur ein Teil der Finanzierung muss durch soziale Fördermittel gedeckt werden.“
Seit Ende vorigen Jahres ist das Hotel um eine Attraktion reicher: Im neuen Anbau ist das Cafè „Max B„ entstanden. Auf roten Lederbänken kann man Zeitung lesen und italienischen Kaffee trinken. Dazu gibt selbst gebackene Plätzchen. Die ersten Stammgäste haben sich bereits eingefunden.
Klar, dass auch das Cafè einder besonderen Art ist: Am Tresen und in der Küche arbeiten nicht nur drei weitere Behinderte, sondern auch sechs ehemalige Drogenabhängige. Zwei ausgebildete Köche ergänzen die Besetzung des Cafès.
Insgesamt ist die Resonanz bisher sehr positiv: „Die Mund zu Mund Propaganda kommt ins Rollen. Wenn wir im Frühling unsere Hinterhofterasse eröffnen, kommen hoffentlich noch mehr Gäste“, sagt Axel Grassmann.